„Gebt den Leuten mehr Schlaf – und sie werden wacher sein, wenn sie wach sind.“ Dieses Zitat von Kurt Tucholsky bringt auf den Punkt, was Millionen Menschen tagtäglich empfinden: Erschöpfung, Müdigkeit und Antriebslosigkeit – ausgelöst durch schlaflose Nächte. Von Schlafstörungen sind viele betroffen.

Etwa jeder dritte Erwachsene hat gelegentlich Probleme mit dem Ein- oder Durchschlafen,  ungefähr jeder zehnte leidet unter chronischen Schlafstörungen. Die Ursachen hierfür sind mannigfaltig – organische Erkrankungen, psychische Störungen oder auch mangelnde Schlafhygiene können Auslöser für das Ausbleiben der ersehnten Nachtruhe sein. Umso wichtiger ist, genau abzuklären, was einem den Schlaf raubt. Mitunter genügen kleine Änderung im Lebensstil, um wieder selig in Morpheus Arme sinken zu können.

Rituale helfen

Dazu zählt vor allem eine gute Schlafhygiene – damit ist natürlich nicht gemeint, dass man schön sauber ins Bett gehen sollte, sondern dass gewisse Rituale helfen können, leichter ein- und durchzuschlafen.
Gehen Sie erst ins Bett, wenn Sie wirklich müde sind. Stehen Sie morgens früh auf und verzichten Sie auf einen langen Mittagsschlaf – dann schlafen Sie abends besser ein.

Vermeiden Sie anstrengende oder aufregende Tätigkeiten in den späten Abendstunden – nur so kommen Körper und Geist zur Ruhe.
Gedämpftes Licht macht müde – helle Lampen, vor allem mit Tageslichtbirnen, bewirken das Gegenteil. Deshalb bereits ein bis zwei Stunden vor dem Schlafen für Dämmerstimmung sorgen.

Ruhig, dunkel und gut belüftet

Das Schlafzimmer sollte ruhig und dunkel sein – elektrische Geräte wie Fernseher und Funktelefone können die Nachtruhe empfindlich stören. Ausserdem ist es wichtig, auf die richtige Raumtemperatur zu achten: Lüften Sie vor dem Schlafen kräftig durch und drehen Sie die Heizung ab.

Achten Sie auf gute Matratzen und dem Raumklima angepasste Kissen und Zudecken – jeder Mensch hat hier andere Vorlieben: manche liegen lieber hart, andere weich, der eine liebt dicke Daunen, der andere dünne Mikrofaser-Steppdecken.

Lesen kann bei Schlafstörungen helfen

Wenn es trotzdem nicht mit dem Einschlafen klappt, machen Sie sich nicht verrückt. Verbannen Sie den Wecker vom Nachttisch – ständig auf die Uhr zu schauen, sorgt für zusätzliche Nervosität. Bevor Sie sich unruhig hin und her wälzen, stehen Sie lieber auf, kochen sich eine Tasse Tee oder lesen etwas ENT-spannendes.

Doch was, wenn das alles nichts hilft? Dann sollte umgehend nach anderen Gründen geforscht werden, beispielsweise können bestimmte Medikamente den Schlaf stören: Dazu zählen Appetitzügler, coffeinhaltige Schmerzmittel, Betablocker, ACE-Hemmer, Theophyllin oder auch Sympathomimetika. Bei einer notwendigen Dauermedikation sprechen Sie am besten mit Ihrem Arzt, ob es hier für Sie verträglichere Alternativen gibt, manchmal hilft es auch, die Einnahmezeit auf den Vormittag zu verschieben. Nicht zu vergessen, dass auch Genussmittel wie Nikotin, Kaffee oder schwarzer Tee Einfluss auf den Schlaf-Wachrhythmus haben können.

Nun ist es ja leider nicht so, dass die „Schlafstörer“ sich immer so einfach abstellen lassen: Man denke nur an dauerhaften Ärger und Stress oder gar Depressionen – gerade diese Beschwerden bedeuten für die Betroffenen nicht selten ein doppeltes Dilemma – sind sie doch nicht nur Auslöser, sondern zugleich auch Folge von Schlafstörungen – hier kann schnell ein Teufelskreis entstehen.

Wo liegen die Ursachen?

Deshalb ist es ganz wichtig, erst einmal den Ursachen für die durchwachten Nächte auf die Spur zu kommen. Als erste Maßnahme kann ein umfangreiches Blutbild und eine Untersuchung des Hormonspiegels sehr hilfreich sein: Ein zu niedriger Melantoninspiegel – wie er vor allem in der dunkleren Jahreszeit auftritt – kann ebenso Schlafstörungen verursachen wie ein Mangel des Glückshormons Serotonin. Eine große Rolle für den Schlaf spielen auch die Schilddrüsenhormone – hier kann unter anderem eine Überfunktion schuld sein, wenn man nicht zur Ruhe kommt. Nicht zu vergessen, das Thema Wechseljahre – nächtliche Hitzewallungen und Schweißausbrüche hindern unzählige Frauen am Durchschlafen. Als weitere körperliche Ursachen können einem Stoffwechsel­erkrankungen wie Diabetes, alle möglichen Herz- und Kreislaufproblematiken, neurologische Störungen wie Polyneuropathie oder das Restless-Leg-Syndrom und natürlich auch Atemwegsbeschwerden den Schlaf rauben.

Die Organuhr gibt Auskunft

Hilfreich bei der Ursachenforschung kann auch ein Blick auf die sogenannte Organuhr sein: So geht man in der fernöstlichen Medizin davon aus, dass die einzelnen Organsysteme zu bestimmten Zeiten eine erhöhte, zu anderen wiederum eine verminderte Aktivität aufweisen: Beispielsweise gilt der Zeitraum zwischen 23 und 1 Uhr als Aktivphase der Gallenblase, zwischen 1 und 3 Uhr früh der Leber, danach folgt von 3 bis 5 Uhr die Lunge und im Anschluss bis 7 Uhr der Dickdarm – mit einfachen Worten ausgedrückt: Wer jede Nacht immer zur gleichen Zeit aufwacht, hat möglicherweise in dem entsprechenden Organsystem eine Störung vorliegen. Die Organuhr kann sowohl zu diagnostischen als auch therapeutischen Zwecken genutzt werden. Das bedeutet, dass heilende Maßnahmen oder die Gabe von Arzneimitteln entsprechend der Erkrankung in den jeweiligen Aktivitätsphasen besonders wirkungsvoll sein können.

Liegen also schwerwiegende körperliche und psychische Erkrankungen als Ursache für die Schlafstörungen vor, ist es wichtig, sich in die Hände eines erfahrenen Arztes oder Therapeuten zu begeben. Was aber, wenn sich nichts finden lässt? Hier lohnt es sich auf jeden Fall, zunächst einmal auf pflanzliche Heilmittel zurückzugreifen: Baldrian, Melisse, Hopfen, Passionsblume oder auch Gänsefingerkraut haben eine schlaffördernde Wirkung: Man kann sie als Tee in sein abendliches „Gute-Nacht-Ritual“ einbauen oder als Kräutertabletten zu sich nehmen (am besten aus der Apotheke, da Einkaufs- und Drogeriemärkte nur schwächer dosierte Mittel vertreiben dürfen). Auch die klassische heisse Milch mit Honig kann beruhigend wirken, genau wie ein warmes (nicht heißes!) Bad mit ätherischen Kräutern wie Lavendel, Ylang-Ylang oder Weihrauch. Manchen Menschen hilft es auch, wenn sie ein Duftkissen oder Potpurri aus Lavendelblüten und anderen entspannenden Kräutern neben ihr Bett stellen.

Entspannungsübungen und Homöopathie

Eine weitere Möglichkeit sind diverse Entspannungstechniken: Wer Autogenes Training, eine Hypnose-Therapie oder bestimmte Yoga-Übungen praktiziert, kann sich in der Regel gezielt entspannen,– und ist damit bereits einen guten Schritt weiter in Richtung eines erholsamen Schlafs.

Desweiteren kann man mit Homöopathie wirkungsvoll gegen Schlaflosigkeit vorgehen – da es dafür jedoch unzählige verschiedene Mittel gibt, spielen hier die persönliche Verfassung und die Begleitumstände eine entscheidende Rolle: Wann treten die Schlafstörungen auf? Wie lange und wie oft? Tut dabei etwas weh? Liegen Angst, Unruhe oder Stress vor? Oder Schichtdienste und Nachtwachen? Erst nach einem ausführlichen Anamnese-Gespräch wird der Therapeut das individuell für den Patienten passende Mittel auswählen. Eine gute Alternative sind aber auch homöopathische Komplexmittel:  Diese beinhalten in der Regel eine Mischung aus verschiedenen Einzelmitteln mit beruhigender Wirkung – je nach Hersteller, u.a. Avena sativa, Passiflora incarnata, Coffea, Valeriana officinalis, Ambra grisea, Nux vomica, Cimicifuga, Cocculus, Phosphor, Ignatia oder auch Zincum valerianicum – meistens in D4, D6 oder D12-Potenzen. Ein breites Wirkungsspektrum haben auch die Schüssler-Salze: So setzt man beispielsweise Kalium phosphoricum für Nerven und Psyche oder Magnesium phosphoricum zur Entspannung der Muskulatur ein. Doch auch hier gilt – wie in der Klassischen Homöopathie, dass man stets auf die jeweiligen Befindlichkeiten achten und sicherheitshalber einen Experten zu Rate ziehen sollte.

Schlafbedürfnis reduziert sich

Und zuguterletzt noch ein wichtiger Hinweis: Auch wenn wir im Durchschnitt sieben bis acht Stunden Schlaf am Tag benötigen – es gibt Menschen, die mit deutlich weniger auskommen, alles im Rahmen von fünf bis zwölf Stunden kann noch als normal gewertet werden. Vor allem im Alter reduziert sich das Schlafbedürfnis – möglicherweise hilft es schon, wenn man einfach etwas später ins Bett geht und früher wieder aufsteht.

Syke Brandt arbeitet seit über 30 Jahren als Journalistin und Autorin, vor allem im Gesundheitsbereich. 2006 verlegte sie ihren Schwerpunkt auf die Naturheilkunde mit der Ausbildung zur Heilpraktikerin und Klassischen Homöopathin, seit 2011 betreibt sie eine eigene Praxis.